Dialogsteuerung 2.0

12. Dezember 2011

Sprachpunkt, Weiterführendes

Mit „pluseinsen“ bei Google Plus und anderen Bewertungsroutinen (wie „gefällt mir“ bei Facebook etc.) kann man nicht nur seine Einstellung zu Posts in den Weiten digitaler Gespräche kundtun. Die Zeiten, in denen in Social Networks asynchron kommuniziert wurde, sind vorbei, da dank moderner Technik und Omnipräsenz auf allen internetfähigen Geräten Nachrichten auf Google Plus und Facebook wie in gängigen Chatsystemen ( Skype, ICQ, IRC [for the silver surfers of you] u.a.) synchron ausgetauscht werden. Die zeitliche Verzögerung ist  vernachlässigbar — einzig das „Mühlenprinzip“ bleibt aufgrund der technischen Voraussetzungen nicht hintergehbar.

Mit dem Transfer von Nachricht, Antwort und Evaluation von Kommunikationsbeiträgen in eine Echtzeitsituation wird auch der Funktionsumfang der Bewertungsroutinen wie „pluseinsen“ erweitert, wie es auch bei den Emoticons zu beobachten war, die sich rasch von bloßen Übersetzungsversuchen ‚emotionaler Zustände‘ emanzipierten. Sehr schnell war zunächst das digitale Kopfschütteln in verschrifteter Form zu beobachten: „dislikes“ wurden ebenso vergeben wie „-1“ (‚minuseinsen‘). Beide Optionen waren von Google Plus und Facebook technisch nicht vorgesehen, denn die Anbieter hatten vordergründig nicht im Sinn, den Nutzern ihrer Social Networks digitales Feedback zu ermöglichen, ihnen ging es um die breitest mögliche Streuung von Botschaften im Netz nach dem Schneeballprinzip. Aber Sprachbenutzer sind kreativ und ahmen digital ihre analogen Kommunikationsgewohnheiten nach — das schließt digitales Hörer-Feedback ein.

Und so wird z.B. „pluseinsen“ nun auch als Zeichen für die Dialogsteuerung eingesetzt. Es kann „übergangsrelevante Orte“ für den Sprecherwechsel markieren oder — wie im Beispiel — als „Dialogbeendigungssignal“ verwendet werden, eine ähnliche Funktion übernahmen auch (verständlicherweise nur!) die positiv bewertenden Emoticons ( :=)  ;=)  (^-^) usw.) schnell:

Zur Erläuterung: Der konzeptionell mündliche Status des „Gesprächs“ in verschrifteter Form lässt sich an vielen Merkmalen zeigen, das soll hier unterbleiben. Die Behandlung des Themas wird mit einem Turn um 10:21 Uhr geschlossen, Trillian Petrova „pluseinst“ ohne nennenswerten zeitlichen Verzug.

„+1“ ist hier mehr als bloße Zustimmungsbekundung — dieses Zeichen ist anwesend, während das ein Gesprächsbeitrag nicht ist. Damit wird die kürzest mögliche Form einer Antwort in diesem Netzwerk gewählt, die im Übrigen bereits im Turn um 10:18 Uhr verbal expliziert ist. Damit handelt es sich bei diesem „+1“ nicht nur und ausschließlich um die Evaluation eines Posts, sondern auch (!) sehr deutlich um ein dialogsteuerendes Zeichen, nämlich das des Themen- und damit (hier zum Glück vorläufigen) Gesprächsabschlusses.

#Sprachunkt #Google+ #Web 2.0 #Gesprächslinguistik #Gesprächsanalyse #Dialogsteuerung #Chat #TrillianPetrova

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Trackbacks/Pingbacks

  1. Dialogsteuerung 2.0 — ein “like” oder “+1″ ist keine Kleinigkeit | Alexander Lasch - 20. März 2012

    […] Liste ist nicht abgeschlossen und zeigt nur einen Teil der möglichen Funktionen, die die Rückmeldezeichen “like” und “+1″ übernehmen können. Sie sind […]

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